Erst einmal die Fakten. Der Bundesvorstand der Grünen hat ein neues Logo vorgestellt. Leider nicht wie geplant auf dem Parteitag (auf grün: Bundesdelegiertenkonferenz) am nächsten Wochenende in Köln. Irgendjemand dem das Logo nicht gefallen hat, oder der ein andere Problem damit hatte, hat es vorab an den Spiegel gegeben, der in seiner neuen Ausgabe darüber berichtet. Außerdem war es am letzten Sonntag schon bei Spiegel Online zu sehen. Folglich hat es eine spontane Pressekonferenz gegeben, um das Logo vorab vorzustellen. Wer es noch nicht gesehen hat, hier ist es:
[photopress:websitebild_neues_logo.png,full,centered]
Meine persönlicher optischer Eindruck: Ganz nett. Ich bin nicht begeistert, finde es aber auch nicht total daneben. Die Farben finde ich etwas blass, den Balken, in dem die Gliederungsbezeichnung auftauchen soll, ein wenig klein. Wenn ich die verschiedenen anderen Beiträge bei Julia, Henning, Tillman und Till durchsehe und auch einfach mal meine Mails abrufe, dann bekommt man aber einige Probleme mit, die man auch selber zumindest als Veränderung wahrnimmt.
Fangen wir erst einmal mit dein einfachen Dingen an. Die angeknabberten „e“s… Irgendwo steht etwas, dadurch würde das Logo einzigartig. Mag sein. Auf jeden Fall ist der Schriftzug so immer eindeutig, gerade wenn man ihn für kleinen Anzeigen verwendet. Denn dort dürfen Sonnenblume, Balken und Hintergrund weggelassen werden. Ausserdem ist das auf jeden Fall besser als die „Corpus Gothik“ aus dem Wahlkampf, wo mich unsere Plakate zum Teil stark an eine Zigarettenwerbung (mit der gleichen Schrift und dem gleichen Rand) erinnert haben. Allerdings gab es auch schon um diese Schrift ein wenig Verwirrung.
Das größte Problem bei dem neuen Log dürfte die ungleiche Verwendung von „Bündnis 90“ und „Die Grünen“ sein. Es wird von einer „schleichenden Abwicklung“ von Bündnis 90 gesprochen. Besonders aus Ostdeutschland, wo „Bündnis 90“ nach der Wende als Bürgerrechtsbewegung entstanden ist, die später mit den „Westgrünen“ zusammengegangen ist. Fakt ist jedoch, das wir als Partei nach draußen hin schon lange den grünen Aspekt stärker betonen.
Unsere Homepage heißt www.gruene.de bzw. www.gruene-partei.de. In Mecklenburg-Vorpommern sind wir mit einer Kampagne für „Grüne Werte“ zur Landtagswahl angetreten. Selbst in der Satzung steht als offizielle Kurzbezeichnung „Grüne“. Es gibt übrigens auch Logovorschläge, die statt dem vollen Schriftzug nur diese Kurzbezeichnung aufnehmen, über die einmal ein Parteitag beschlossen haben muss. Auch die Jugendorganisation der Partei heißt Grüne Jugend. Auch europäisch stehen wir als Grüne und nicht als Bündnisgrüne dar.
Ich finde diese Entwicklung nicht tragisch. Persönlich bin ein ein extrem starker Anhänger der Inhalte, für die „Bündnis 90“ im Selbstverständnis steht. Jedoch habe ich die Erfahrung gemacht, dass insbesondere junge Menschen das Stärken der BürgerInnnerechte nicht mehr an „Bündnis 90“ festmachen, sondern als selbstverständlichen Teil von grüner Politik begriffen haben. Außerdem ist für mich nicht entscheiden, welches Label man auf die Kiste pappt, sondern welche Inhalte sichtbar sind. Es ist schon spannend, das es über dieses Logo einen angeregteren Mailwechsel als über viele inhaltliche Themen gibt. Und sogar erste „Gegenentwürfe“ im Netz grassieren (z.B. hier und hier). Vielleicht kommt aber auch einfach dazu, das ich hier in Hamburg ja ein GALier bin, wir tragen schließlich noch den Bonus „Grün-Alternative-Liste – GAL“ im Namen.
Ansonsten wird noch über den Leitfaden hergezogen. Ich finde ihn eher ganz gut gemacht. Fast alle Fragen werden beantwortet, man weis genau, wie man das Logo verwenden soll. Ich bin aber schon mal gespannt, wie mit den garantiert auftretenden AbweichlerInnen umgegangen wird… Und im Endeffekt steht es jeder Gliederung frei, über ihr eigenes Logo zu entscheiden.
Bleibt ein Vorwurf. Die Basis wurde nicht beteiligt. Das Logo wurde vorgestellt und entworfen, ohne das alle Parteimitglieder mitreden durften. Nunja. Nach meinem Infostand wurde in der Planung für die Bundestagswahl 2006 ein Auftrag für eine neues Corporate Design (ich liebe dieses Neudeutsch), passend gibt es die Emailadresse „cd at gruene.de“, erstellt. Einfach toll… Aber zurück zum Thema. Da die Wahl aus bekannten Gründen vorgezogen wurde, gab es diese „ein bisschen“ Lösung. Und hier in Hamburg ist es auch kommuniziert worden, das es zur BDK Ende 2006 ein neues Logo geben soll. Aber wenn eine solche Info in den üblichen Mailbergen untergeht, kann ich das auch verstehen.
Den genauen Entwurf aber nicht in einem „jeder darf seinen Senf dazugeben“ Verfahren durchzuführen finde ich gut. Das ist operatives Geschäft und damit, wie bei Wahlkampfmaterialien ja auch, Aufgabe des Bundesvorstandes. Ich habe auch keine Lust, mir über ein Logo zu viele Gedanken zu machen. Ich will inhaltlich arbeiten. Oder mal ein Flugblatt oder eine Mitgliederzeitschrift vor Ort entwerfen. Das ist eine sinnvolle Arbeitsteilung. Und es gibt ja auch bei den Grünen inzwischen ein Verständnis dafür, das manchmal Entscheidungen von entsprechend beauftragten Leute getroffen werden sollen, einfach um die Arbeitsfähigkeit zu erhalten.
Und ja, man kann eine Befragung der Mitglieder über ein neues Logo machen. Aber man sollte dann auch mal an die Kosten denken. Zum Beispiel drei Entwürfe anfertigen, eine entsprechende Ur-Abstimmung zu organisieren etc. Denn auch auf einer BDK dürfen ja nur Delegierte über das Logo befinden. Satzungsmässig geht das. Aber ist es nicht eine Ressourcenverschwendung sondergleichen? Ich mache lieber einen weiteren Zukunftskrongress, als über das Logo abzustimmen.
Am Ende noch ein Wort: Ja, wir brauchen ein neues Logo. Das Alte war unhandlich (schon mal versucht, die genauen Farben herauszubekommen, weil man Deko für einen CSD Wagen bauen wollte?) und mit den verschiedenen Schriften auch ein wenig unklar. Außerdem in Teilen auch wirklich undeutlich, denn in der öffentlichen Wahrnehmung sind wir die Grünen.
Mal sehen, ob ich auf der BDK gelyncht werde. 😉
Schlagwörter: gruen, logo, partei, spiegel online
2006-11-29 um 14:54 |
Du hast natürlich insofern recht, als das ganze nicht so heiß gegessen wird. Und auch ich würde kein Logo per Urabstimmung auswählen wollen (erinnere mich aber noch an einen netten GAJB-Bundesjugendkongress, bei dem ungefähr 20 Logos und Namensvorschläge zur Auswahl standen). Etwas mehr Transparenz im Vorfeld hätte dem Prozess aber sicher nicht geschadet. Und ob er überhaupt notwendig war — auch das finde ich immer noch fragwürdig. Im (nett geschriebenen, aber recht restriktiven) CI-Leitfaden gibt es einen Teil über die Verwendung des Logos im Wahlkampf. Da sind alte Plakate mit dem neuen Logo abgebildet — teilweise geht es, weil die Farben so hell sind, und weil es keinen weissen Rand mehr gibt, selbst auf diesen Beispielen einfach unter. Und das sind die vom Goldenen Hirschen gestalteten Plakate aus den letzten Wahlen. Insofern finde ich’s eben nicht besser, deswegen wäre es nicht notwendig gewesen, und die Umstellung aller Gliederungen (was die BerlinerInnen mit ihrem Igel jetzt machen, wird auch noch mal lustig) ist unnötiger Aufwand.
Noch zwei Punkte: du verlinkst auch auf meine Entwürfe — vielleicht sollte ich dazusagen, dass das bei mir als Fingerübung gemeint ist, nicht als ernsthafter Versuch, ein Alternativlogo durchzusetzen (auch wenn es auch dazu inzwischen BDK-Anträge gibt).
Zweitens: die genauen Farben für das alte Logo sind im HKS-System definiert. Ich weiss sie nicht auswendig, aber es gibt auch für das alte Logo so einen kleinen Verwendungsleitfaden, und da stehen die drinne.
2006-11-29 um 15:31 |
Jepp… Aber hast du schon einmal versucht, diese Farben in RAL oder ein anderes System umzurechen? Oder auch nur eine Vorgabe, welche als solche zu nutzen ist? Ich habe mich deswegen mal ziemlich durch alle, die mit dem alten CD (tolle Abkürzung) zu tun hatten, telefoniert… Aber egal…
Das mir die Farbe ein wenig zu blass und zu kontrastarm sind, sagte ich ja schon… Irgendwo im Netz habe ich auch einen Hinweis auf die nicht vorhandene Barrierearmut gelesen… Und für den Wahlkampf gibt es noch die extra Version mit „GRÜNE“, wie in der Satzung als Kurzbezeichnung vorgesehen (also bitte nicht mich deswegen hauen…).
Und wenn die Anleitung weniger restriktiv wäre, würde der Wildwuchs wahrscheinlich schneller und stärker überhand nehmen. Wenn ein Profi das Logo in die Hände bekommt, sind die Hinweise weniger restriktiv als exakt zu sehen, damit es überall vergleichbar aussieht. Was ein (talentierter, interessierter, grüner) Laie damit macht, kann ich nicht sagen. Und der wird wohl kaum vom BuVo verklagt werden, wenn es nicht ganz passt… Oder bin ich da zu optimistisch?