Was zählt ein Volksentscheid?

Auf den ersten Blick, in Hamburg, gar nichts. Wenn wir als Bürgerinnnen und Bürger dieser Hansestadt unseren Willen in einem Volksentscheid abgeben, ist das nicht mehr als eine Petition mit sehr aufwändiger Auszählung. Denn der Bürgerschaft steht es frei, den Inhalt unverändert zu lassen, oder einfach eine Änderung beschliessen. Formal sieht das Verfassungsgericht Bürgerschaft und Volk auf Augenhöhe, keiner kann etwas langfristig für den anderen bindenden beschliessen.

Wenn man sich jedoch auf diese Position zurück zieht, lässt man die Komponente der Bürgernähe, der lebendigen Demokratie und der Ehlichkeit in der Politik. Beim Volksentscheid gegen den Verkauf des Landesbetrieb Krankenhäuser (LBK) haben rund 70% der Hambugerinnen und Hamburger sich gegen den Verkauf ausgesprochen, aber bei der gleichzeitig stattgefundenen Wahl der CDU die absolute Mehrheit verschafft, obwohl diese sich für den Verkauf ausgesprochen hat. Das kann man jetzt so interpretieren, dass die generelle Politik der CDU Anklang beim Wahlvolk gefunden hat, in diesem Punkt jedoch eine massiver Dissenz sichtbar wurde.

Hier bietet sich eigentlich eine gute Chance zu sagen „Die Botschaft ist angekommen“ und anzuerkennen, dass aus dem breiten Portfolio eines Wahlprogrammes ein Punkt nicht auf Zustimmung stösst. Das Ende vom Lied ist jedoch bekannt, der LBK wurde verkauft. Ähnlich beim Wahlrecht, hier hat sich das Volk selber neue Regeln gegeben, wie es seine Vertreter und Vertreterinnnen für unsere Repräsentative Demokratie auswählt. Das hat jedoch eine Gruppe in der Bürgerschaft nicht gepasst, die dort auch leider die Mehrheit hat.

Auch wenn das Verfassungsgericht jetzt geurteilt hat, das die Änderungen im Prinzip zulässig waren, bleibt die Frage nach dem Politikstil und der Moral. Naja, es ist immer einfach, mit der Moral zu argumentieren, wenn man vor Gericht (oder bei einer Abstimmung) verloren hat. In diesem Fall sollte sich jeder und jede einzelne nur Fragen, wie geht man mit einer solchen Regierung um? Wie geht man im Bekanntenkreis damit um, wenn man einen gemeinsamen Urlaub in der Türkei beschliesst, aber derjenige, der die Reise dann Buchen soll, sagt „Ich will lieber nach Norwegen“ und dann auch so die Tickets kauft?

Immerhin wurde die Relevanzschwelle gekippt. Und das auch mit deutlichen Worten. „Intransparent“ und „irreführend“ sind Adjektive, die ich eigentlich auf keinen Fall im Zusammenhang mit dem Wahlrecht sehen möchte. Es bleibt zu hoffen, das der Volksentscheid im Herbst klare Regelungen in die Verfassung schreibt, damit es in Hamburg weiterhin eine lebendige, streitfreudige und aktive Demokratie gibt.

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3 Antworten to “Was zählt ein Volksentscheid?”

  1. Magerfettstufe Says:

    Irre diese Führung…

    Ich bin einfach zu blöde… Gerne würde ich etwas zu dem gestrigen Gerichtsbeschluss i.S. abgelehnter Volksentscheid/ neues Wahlrecht sagen, aber ich bin mittlerweile völlig verwirrt. Blödes Juristen-Deutsch. Deshalb nur einmal ganz kurz, was h…

  2. MiZi Says:

    Was ist denn gegen Norwegen zu sagen? 😉

  3. dervanil Says:

    Eigentlich nichts… Ausser, dass ich mich endlich mal auf den Weg machen sollte… Aber es ist ja wohl, von Hamburg aus, die komplett andere Reiserichtung 😉

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